Imagepflege gegen den
Pflegenotstand
Caritasverband Brilon reagiert auf den Fachkräftemangel
Marsberg/Brilon. Gegen
Mittag nippt Isabell Kleck am Kaffee im Personalraum der Marsberger
Sozialstation des Caritasverbandes Brilon. Seit sechs Stunden ist die 20-Jährige
bereits auf den Beinen. Von Müdigkeit ist keine Rede, obwohl sie bereits 45
Kilometer zwischen Beringhausen, Bredelar, Padberg und Marsberg im Auto
unterwegs war, um Menschen bei ihren Start in den Alltag zu helfen. Isabell
Kleck ist angehende Gesundheits- und Krankenpflegerin. Die 20-Jährige hat sich
für eine Ausbildung entschieden, die gute Berufschancen verspricht – auch oder
gerade weil sie mit ihrer Berufswahl gegen den Trend schwimmt.
Die Trendkurve sinkt. Immer seltener entscheiden sich junge Menschen für eine
Ausbildung im Gesundheits- und Pflegesektor. Die Arbeit erscheint unattraktiv:
schlecht bezahlt, dafür stressig, Wochenend- und Nachtdienste, wenig
Aufstiegsmöglichkeiten, so klingt der landläufige Tenor. Stimmen, die auch
Karl-Josef Sarrazin, Leiter der Akademie für Gesundheits- und Pflegeberufe Marsberg
des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, kennt. „Die Arbeit fordert schon ein
gewisses Maß an Flexibilität“, bestätigt Karl-Josef Sarrazin. Aber: „Die
späteren Berufschancen sind sehr gut. Vor allem, wenn die Qualität der
Ausbildung fundiert ist.“ So wie jene von Isabell Kleck.
Die junge Essenthoerin absolviert derzeit die Hälfte ihres insgesamt 500
Stunden umfassenden Praxisblocks für den ambulanten Bereich in der Caritas
Sozialstation Marsberg. Die Caritas-Sozialstation und die LWL-Akademie sind
langjährige Ausbildungspartner: 1998 wurde der Kooperationsvertrag
unterschrieben. Seit dem haben rund 500 Gesundheits- und Krankenpflegeschülerinnen
Praxiserfahrungen an der Seite der Mentorinnen und Praxisanleiterinnen von der Caritas-Sozialstation
gesammelt. Dabei werden sie von den erfahrenen Mitarbeiterinnen an die Hand
genommen.
„Waschen, Kompressionsstrümpfe anlegen, Medikamente reichen, Blutzucker messen“,
zählt Isabell einige Handgriffe auf, die sie unter Anleitung von Hedwig Winzer,
Krankenschwester und Mentorin im Sozialstation-Team, tagtäglich verrichtet.
„Die Versorgung interessiert mich“, nennt Schülerin Isabell einen Grund für
ihre Ausbildungswahl. Grundlegend für sie ist aber, dass „ich den Menschen
helfen kann und dafür viel Dank zurückbekomme“. Das zwischenmenschliche Moment
muss stimmen: ein netter Schnack gepaart mit einem offenen Ohr und viel
Einfühlungsvermögen – trotz Zeitdruck. „Die meisten Patienten freuen sich deshalb,
wenn wir zu zweit kommen“, weiß Hedwig Winzer und fügt augenzwinkernd hinzu:
„Wenn ich dann allein komme, fragen manche: Wo ist denn die Kleine?“
Die „Kleinen“, wie Isabell Kleck, werden nach ihrem Ausbildungsende auf dem
Arbeitsmarkt groß nachgefragt sein. Prognosen gehen davon aus, dass bis 2020
die Anzahl pflegebedürftiger Menschen um 20 Prozent steigen wird. Die
Gesellschaft wird nicht nur älter, sondern auch anspruchsvoller mit Blick auf
ein möglichst selbständiges Leben und Wohnen in den eigenen vier Wänden – und
das, so lange wie möglich. Ein Lifestyle-Trend, der nicht nur anhält, sondern
steigen wird, auch weil er von der Politik gefordert wird. „Ambulant vor
Stationär“, lautet die Devise, weiß Karen Mendelin, Fachbereichsleiterin der
Alten- und Krankenhilfe im Caritasverband Brilon. „Auch deshalb legen wir sehr
viel Wert auf Ausbildung in den ambulanten Pflegebereichen. Wir wollen gute
Fachkräfte ausbilden und diese langfristig an uns binden“, betont Karen
Mendelin. Acht Ausbildungsstellen für Altenpflegerinnen sind in den
Caritas-Einrichtungen zwischen Brilon und Hallenberg besetzt. Außerdem
absolvieren Umschüler über einen Bildungsgutschein ihre praktische Ausbildung
in den stationären Einrichtungen St. Engelbert in Brilon sowie St. Josef in Hallenberg.
Darüber hinaus setzt der Caritasverband Brilon auf Aus- und
Fortbildungsprogramme für die Mitarbeiter: Weiterbildungen gibt es unter
anderem im Palliativbereich bis hin zur Entspannungsfördernden basalen
Stimulation. Dieses Angebot weiß auch Ines Bönner, Leiterin der Sozialstation
Marsberg, zu schätzen: „Die Caritas bietet als Arbeitgeber gute
Rahmenbedingungen. Außerdem fühlt man sich durch die Größe des Verbandes
sicherer aufgehoben.“
Demnach ist nach der Ausbildung mit Aufstiegschancen noch lange nicht Schluss.
„Es gibt eine Akademisierung der Pflegeberufe“, sagt Akademie-Leiter Karl-Josef
Sarrazin: „Wer will, kann Pflegewissenschaften studieren.“
Informationen über die
Ausbildung zur AltenpflegerIn beim Caritasverband Brilon erteilt Karen Mendelin,
Fachbereichsleiterin Alten- und Krankenhilfe, unter Telefon
0 29 61 – 9 71 90 oder via E-Mail
k.mendelin@caritas-brilon.de
Informationen über die Akademie
für Gesundheits- und Pflegeberufe Marsberg des Landschaftsverbandes
Westfalen-Lippe auf der Seite
www.lwl-klinik-marsberg.de
oder Telefon 0 29 92 – 6 01 34 00
An die Hand nehmen: An der Seite von Hedwig Winzer, Krankenschwester und Mentorin
(l.), und Ines Bönner, Leiterin der Marsberger Sozialstation des
Caritasverbandes Brilon, sammelt Gesundheits- und Krankenpflegeschülerin
Isabell Kleck wichtige Praxiserfahrung im Bereich der Ambulanten Pflege.
FOTO: SANDRA WAMERS