"Es geht nicht nur immer um uns, sondern auch um den Menschen neben mir": Wort-Gottes-Feier anlässlich der 10-Jahres Feier der IDL 2.Foto. CVB / Sandra Wamers
Brilon. Vor über 40 Jahren begann die Geschichte der St. Martin Werkstätten des Caritasverbandes Brilon, von denen es im Altkreis mittlerweile sechs Standorte gibt. Die zweitjüngste Werkstatt, die IDL 2 am Sintfeldweg, feierte jetzt ihr 10-jähriges Bestehen. „Und ich bin seit dem ersten Tag dabei“, sagte Manuela B., die seit Frühjahr 2005 in der Küche und einer Montagegruppe der IDL 2 arbeitet. 180 Menschen haben in diesen zehn Jahren Arbeit auf Zeit gefunden, sind gefördert und begleitet worden, weitergezogen oder berentet. Die IDL 2 bietet zurzeit 65 Plätze für Menschen mit einer psychischen Behinderung. Die Menschen mit ganz unterschiedlichen Fähigkeiten und Talenten erfahren dort Teilhabe am Arbeitsleben. Sie erfahren auch Struktur, Beständigkeit, Unterstützung und Begleitung. „Denn genau das macht den Arbeitsplatz in einer Werkstatt aus, dass wir bei allen Problemen und Veränderungen immer Begleitung und Unterstützung bekommen und nicht alleine sind. Bei Schwierigkeiten oder psychischen Krisen helfen persönliche Gespräche, manchmal Auszeiten. Das, was wir zu leisten in der Lage sind, ist gut“, sagte Manuela B.
Im Gespräch: 10 Jahre IDL 2Foto: CVB / S. Wamers
Es ist weit mehr als gut: „Die Werkstätten haben sich von sogenannten ‚Bastelbuden‘ zu modernen Dienstleistungs- und Produktionsbetrieben entwickelt“, betonte Engelbert Kraft, Fachbereichsleitung Arbeit für Menschen mit Behinderung. In den Werkstätten St. Martin gibt es ein breit gefächertes Arbeitsangebot, dass von einfachen bis zu komplexen Tätigkeiten allen Werkstattbeschäftigten die Mitarbeit ermöglicht. „Die teilweise hoch technisierten Arbeitsbereiche mit CNC-Technologie aber auch viele Montage- und Verpackungstätigkeiten, der Holz- und Metallverarbeitung sowie der Pulverbeschichtung kommen den Anforderungen am allgemeinen Arbeitsmarkt sehr nahe. Dieses ist wichtig für die Förderung des Übergangs in den allgemeinen Arbeitsmarkt“, sagte Engelbert Kraft. Vier Beschäftigte sind in 2014 auf den Ersten Arbeitsmarkt gewechselt. Die Produktions-/Leistung ist das eine Moment im Werkstattalltag, die Förderung des einzelnen Menschen das bedeutende andere.
An den Standorten IDL 1 und 2 der Caritas-Werkstätten werden besonders Menschen mit einer psychischen Behinderung begleitet. Der neutrale Name – das Kürzel IDL steht für Industrie – Dienst – Leistungen – soll die Betonung von der Behinderung nehmen und dadurch zugleich keine Hemmschwelle darstellen. „Die Kostenträger gingen früher davon aus, dass psychisch behinderte Menschen aus den Werkstätten sehr gut wieder in den allgemeinen Arbeitsmarkt eingegliedert werden können. Die Werkstätten sollten für diesen Personenkreis nur eine Übergangslösung sein“, erinnerte Fachbereichsleiter Kraft. Die gesellschaftliche Realität sehe gegenwärtig anders aus – nicht nur für die Beschäftigen. Immer mehr Menschen erkranken. „Psychische Erkrankungen stellen die drittgrößte Krankheitsgruppe in Deutschland“, sagte Heinz-Georg Eirund, Vorstand Caritasverband Brilon. Tendenz steigend. „Sie sind die häufigste Ursache für krankheitsbedingte Frühberentungen, wobei das Durchschnittsalter bei 48,3 Jahren liegt.“ Erkranken kann jeder. Tod, Verlust, Krise, negativer Stress erlebt jeder. Bei nicht wenigen hinterlässt es Spuren. Zwischen 12 und 17 Prozent der Deutschen erkranken im Leben an einer Depression – bei circa 40 Prozent wird die Erkrankung chronisch, so Eirund, der kritisierte: „Dennoch werden immer noch psychische Belastungen bagatellisiert oder nicht ernst genommen. Als Caritas erklären wir unsere Solidarität mit den Betroffenen und werben für mehr Empathie in der Gesellschaft.“ Auch mit Blick auf diese Zahlen, aber mehr noch mit Blick auf die Menschen galt einer der Leitgedanken der 10-Jahres-Feier der IDL 2: „Es geht nicht nur immer um uns, sondern auch um den Menschen neben uns“, erinnerte Diakon Hubert Funke im Wort-Gottes-Dienst.
Info
An den sechs Standorten in Brilon, Marsberg und Winterberg der St. Martin Werkstätten des Caritasverbandes Brilon werden aktuell 118 schwerst-mehrfachbehinderte Menschen mit Sinnesbehinderungen, 355 Menschen mit einer geistigen Behinderung und 196 mit einer psychischen Erkrankung pädagogisch und handwerklich begleitet. Von den insgesamt 674 Werkstattbeschäftigten arbeiten derzeit 65 in der IDL 2.