Delegierte der Caritas Brilon verfolgen eine Präsentation von Vorstand Heinz-Georg Eirund während der Delegiertenversammlung im Tagungsraum.Foto: Caritas Brilon / Sandra Wamers
Altkreis Brilon / Waldeck. Die 14. Delegiertenversammlung des Caritasverbandes Brilon e.V. fand in der Werkstatt für behinderte Menschen "Hinterm Gallberg" in Brilon statt und stand ganz im Zeichen von Veränderung, Verantwortung und Zuversicht. Caritasrats-Vorsitzender Ludwig Albracht und Vorstand Heinz-Georg Eirund begrüßten die Delegierten aus den örtlichen Caritaskonferenzen, Fachverbänden und Institutionen im Einzugsgebiet, das die Dekanate Hochsauerland-Ost und Waldeck umfasst. Im Mittelpunkt standen die aktuellen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen, gleichwohl die entschlossenen Schritte des Verbandes, ihnen zu begegnen.
"Wir sind Hoffnungsgeber"
Vorstand Heinz-Georg Eirund machte in seinem Tätigkeitsbericht deutlich, wie stark die sozialen Dienste unter Druck stehen. Er verwies beispielsweise auf Insolvenzen von Altenheimen, Kliniken, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Kitas bundesweit. "Obwohl die Einrichtungen und Hilfen existenziell sind, werden wir als sozialer Dienstleister immer öfter als Teil der Staatskrise gesehen", kritisierte Vorstand Eirund. "Die Politik wird erhebliche Einschnitte in die Sozialsysteme vornehmen. Leistungen müssen neu priorisiert werden. Deswegen ist gerade unsere Rolle als Caritas entscheidend: Wir sind Hoffnungsgeber in diesen herausfordernden Zeiten. Wir stärken den Zusammenhalt und bieten Vertrauen, auch wenn wir aus Sicht der Kostenträger mitunter als ‚lieb und teuer‘ gelten."
Eirund berichtete von Gesprächen mit politischen Entscheidungsträgern, um für Angebote wie die Altenhilfe, Eingliederungshilfe, Suchtberatung und Armutsprojekten mehr Unterstützung zu erhalten. Der Verband sei betriebswirtschaftlich gesund, doch die Herausforderungen, beispielsweise mit Blick auf den Fachkräftemangel über Cyberrisiken bis hin zur Refinanzierung und Qualitätssicherung aller Dienstleistungen, seien enorm. "Wir haben Veränderungsprozesse eingeleitet und setzen auf Zukunftswerkstätten, nachhaltige Projekte und politische Teilhabe. Unsere Themen müssen gehört werden, und zwar nicht nur von denen, die direkt betroffen sind. Aber auch Veränderungen brauchen ein finanzielles Fundament, um nachhaltig in eine Wirkung zu kommen," so Eirund.
Dazu gehört auch, die Weiterentwicklung der Betriebsgebäude. "Wir müssen Mittel aus dem Sondervermögen des Bundes und des Landes erhalten, sonst können wir die Anforderungen an die Betriebsgebäude wie Klimaneutralität nicht erfüllen. Ebenso braucht es eine deutliche und spürbare Entbürokratisierung, die schon Jahre versprochen wird und eine Stärkung der Digitalisierung," stellt Eirund fest. Weitere Kritikpunkten sind: "Lange Jahre fordern wir eine Reform der Pflegeversicherung und der Rahmenbedingungen für die Pflege. Aber das Problem wird verschoben - von Regierung zu Regierung. Jetzt eskalieren die Probleme. Das gilt gleichermaßen für den kompletten Bereich der Eingliederungshilfe." Eirund weiter: Auch müssen die Kommunen ihre Verantwortung sehen für die Menschen in herausfordernden Lebenssituationen. Nur mit einer guten sozialen Infrastruktur bleiben die Städte im Altkreis Brilon und Waldeck lebenswert."
Vorstand Eirund zog ein besorgtes Fazit: "Bei allen Bedarfen an Einsparungen und weiteren Problemfeldern in unserer Gesellschaft: Die Politik ist in der Verantwortung, den Sozialstaat zu sichern. Das ist ein Beitrag für den sozialen Frieden, in herausfordernden Zeiten. Wenn es kein Bekenntnis der Politik auf allen Ebenen zum Sozialstaat gibt, und nicht endlich die unabdingbaren Veränderungsprozesse durch die Gesetzgebung ermöglicht werden, droht der Kollaps des gesamten Systems",
Ursula Mause referierte während der Delegiertenversammlung über die Seeslorge im Caritas Seniorenzentrum St. Josef Hallenberg. Foto: Caritas Brilon / Sandra Wamers
Seelsorge als Quelle der Kraft
Einen empathisch wie Halt spendenden Impuls setzte die ausgebildete Seelsorgerin Ursula Mause vom Caritas Seniorenzentrum St. Josef in Hallenberg mit ihrem Vortrag zur seelsorglichen Begleitung. Sie erinnerte daran, dass der Einzug in ein Pflegeheim oft als "letzter Weg" erlebt wird, der verbunden ist mit existenziellen Fragen und dem Gefühl der Entwurzelung. Ihre Botschaft: "Zuhören, Zeit schenken und Dankbarkeit fördern sind zentrale Elemente, um Hoffnung zu stiften."
Entscheidungen und Ausblick
Neben der Entlastung von Vorstand und Caritasrat wurden Satzungsänderungen beschlossen und Delegierte für die Versammlung des Diözesan-Caritasverbandes gewählt. Auch das neue Mitgliederwesen des Caritasverbandes im Erzbistum Paderborn wurde vorgestellt.
Zum Abschluss verwies Anne Bartholome vom Caritasrat auf den Arbeitskreis "Weltpolitik": "Unser Ziel ist, globale Zusammenhänge zu verstehen und lokale Lösungen zu entwickeln. Jeder ist eingeladen, daran mitzuwirken." Die Delegiertenversammlung endete mit einem klaren Signal: "Die Caritas Brilon bleibt ein Ort der Hoffnung für alle, die Hilfe brauchen, und für alle, die helfen", betonte Vorstand Heinz-Georg Eirund.
Infokasten 1:
Seelsorge im Seniorenzentrum St. Josef: Niemand stirbt allein
- Seelsorge begleitet Bewohner*innen und Mitarbeitende in schwierigen Lebensphasen
- Seelsorge gibt Halt auch im Sterben: Niemand stirbt allein.
- Der Fokus liegt auf Empathie, Zuhören und dem "zuhörenden Herz".
- Angehörige erleben oft einen Rollentausch: Seelsorge hilft, diesen Übergang zu gestalten.
- Ziel ist es, Dankbarkeit und Hoffnung zu fördern - auch in Zeiten von Krankheit und Abschied.
Infokasten 2: Projekte mit Herz und Wirkung
Der Caritasverband Brilon gestaltet die Zukunft aktiv mit zahlreichen Projekten in seinen 64 Diensten und Einrichtungen, die Menschen stärken, Teilhabe ermöglichen und gesellschaftliche Herausforderungen aufgreifen. Beispiele sind:
- CariMobil & Sozialcafés: Mobile Beratung direkt vor Ort - niedrigschwellige Unterstützung für Menschen in Armut, Einsamkeit oder Isolation. Aufbau von Sozialcafés und digitalen Treffpunkten.
- Transformation der St. Martin Werkstätten: 182 Maßnahmen bis 2030, um Werkstätten zukunftsfähig zu machen, und zwar mit Fokus auf Digitalisierung, Qualifizierung und bauliche Weiterentwicklung.
- IIDEA-Roadshow - Technik trifft Teilhabe: Einsatz von Assistenzrobotik (Cobots), um Menschen mit Behinderung neue Chancen im Arbeitsmarkt zu eröffnen. Kooperation u. a. mit der RWTH Aachen.
- Nachhaltigkeit im Verband: E-Mobilität, Energieaudits, Recycling und lokaler Einkauf, um ökologische Verantwortung und soziale Teilhabe zu verbinden.
- Digitalisierung & KI Einführung der Sprach-Dokumentation "Voize", Mitarbeiter-App "Just Social", KI-Schulungen und Stammtische zur digitalen Teilhabe und Qualifizierung.
- Zukunft Ehrenamt: Analyse und Weiterentwicklung des Ehrenamts, zum Beispiel durch projektbezogenes Engagement.
- Sternenkinderfeld & Friedhofsgruppe: Würdige Orte für Trauer und Erinnerung. Inklusion durch Werkstattarbeit und sensible Begleitung von Angehörigen.
- Politische Teilhabe & Haltung für soziale Werte zeigen: Kampagne zur Kommunalwahl mit Online-Umfrage zu Armut & Gerechtigkeit, "NRW bleibt sozial"-Demo oder die 100.000-Mütter-Kampagne in Berlin.
- Caritas + Kirche: Gelebter Glaube in allen Diensten und Einrichtungen. Begleitung in Krisen und aktive Mitgestaltung der Zukunft der Kirche.