Brilon
. Auszug, Umzug, Einzug, Rückzug: Die Bewohner der
Caritas-Wohnhäuser am Mühlenweg haben turbulent hektisch-heitere Tage hinter
sich. Sie sind umgezogen. Allesamt, an einem Tag: 51 Personen mit all ihrem Hab
und Gut, vom Mühlenweg mitten in die Stadt in den Altbau des Seniorenzentrum
St. Engelbert. Dort wurden die Neuankömmlinge mit einem Gläschen alkoholfreien
Sekt in Empfang genommen: „Auf gute Nachbarschaft“, begrüßte
Einrichtungsleiterin Annette Thamm die Mitbewohner auf Zeit.
Über Nacht hat sich die Bewohnerzahl im St. Engelbert nahezu verdoppelt. „Wir
haben sozusagen ein neues Heim im Altbau eingerichtet“, sagt Eva Stratmann, die
als Wohnheimleitung das stationäre Wohnen für Menschen mit Behinderung im
Caritasverband Brilon (CVB) koordiniert. Und die stationäre Wohnhauslandschaft
befindet sich im Wandel. Das St. Nikolaushaus wurde in der Zimmerstraße
gänzlich neu gebaut und im Februar bereits bezogen. Jetzt werden die beiden am
Mühlenweg verbleibenden Häuser grundlegend renoviert und saniert. Auch St.
Hildegard und St. Liborius müssen den Anforderungen des Wohn- und
Teilhabegesetzes standhalten. Bis 2018 gehören eine Einzelzimmerquote von 80
Prozent sowie eine Mindestgröße von 14 Quadratmeter pro Zimmer zum
architektonischen Pflichtprogramm. Deshalb muss gebaut werden. „Aber wir wollen
auch bauen, um den
Menschen,
die wir auf ihren Lebenswegen begleiten dürfen, eine bestmögliche Wohnqualität
anzubieten“, betont Vorstand Heinz-Georg Eirund.
Vor dem Baustart stand der Umzug der Bewohner ins St. Engelbert an, denn gebaut
wird am Mühlenweg im Bestand. „Bauen im Bestand bei laufendem Gruppenalltag wäre
unmöglich gewesen“, sagt Thomas Schneider, Fachbereichsleiter Behindertenhilfe.
„Deshalb wurden die Baumaßnahmen am St. Engelbert mit denen am Mühlenweg im
Vorfeld strategisch abgestimmt“, sagt Vorstand Heinz-Georg Eirund. Im St.
Engelbert steht seit dem Umzug der Senioren in den Neubau das alte
Bestandsgebäude leer. Langfristig wird auch der Altbau grundüberholt; er
beherbergt zukünftig vom Servicewohnen bis zur Sozialstation alle Angebote der
Seniorenhilfe unter einem Dach. Kurz- und mittelfristig aber bietet der Altbau
den Bewohnern vom Mühlenweg eine neue Heimat auf Zeit. Im Frühjahr 2015 sollen
die Sanierungsarbeiten am Mühlenweg abgeschlossen sein. Dann steht erneut ein
großer Umzug an: der Rückzug in das alte Zuhause, in die modernisierten Häuser
St. Hildegard und St. Liborius. „Wir haben also eine fachbereichsübergreifende
Lösung zwischen Senioren- und Behindertenhilfe gefunden, die zum einen betriebswirtschaftlich
günstiger ist und darüber hinaus sowohl Mitarbeiter als auch Bewohner weniger
belastet, als wenn wir im bewohnten Bestand gebaut hätten, und zum anderen Menschen
neue Begegnungen ermöglicht“, betont Vorstand Eirund: „So vernetzt zu arbeiten,
das ist eine besondere Stärke in unserem Verband.“
Jetzt leben Menschen mit Behinderung und Senioren unter dem großen Dach von St.
Engelbert. Jede Gruppe hat Bereiche für sich. Wer will, kann aber neue
Begegnungen suchen und finden. „Diese Übergangslösung ist landesweit einmalig“,
sagt Vorstand Heinz-Georg Eirund und diese wurde natürlich mit den Behörden
abgestimmt. Eine Premiere für die 30 Mitarbeiter am Mühlenweg war danach auch
das Meistern der Umzugslogistik. „Schließlich hatten wir es zuerst mit 51
Haushaltsauflösungen zu tun, die wir danach wieder im Engelbert aufbauen
mussten“, erzählt Eva Stratmann. Einiges, was sich in den knapp 30 Jahren seit
Bezug der Häuser am Mühlenweg angesammelt hatte, wurde aussortiert. Anderes ist
wiederum eingelagert. Alle Privatsachen der Bewohner sind mit umgezogen – von
der Sommersandale bis zum Wintermantel. Dabei hat manch helfende
Angehörigen-Hand mit angepackt. Parallel dazu wurde die technische
Infrastruktur im St. Engelbert-Altbau neu aufgebaut: Telefon-, EDV-,
Notrufanlage. Und in den letzten Tagen vor der Ankunft wurden die Zimmer heimelig
hergerichtet: Bilder, Teppiche, Wandregale. Den Feinschliff für das
Wohlfühl-Wohnen übernehmen die Bewohner jetzt selbst, so wie Karin Dickjürgens
vom Bewohnerbeirat. Sie packt ihre dicken Rätselhefte aus, räumt die letzte
Jeans aus dem großen Reisekoffer in den Kleiderschrank, schaut sich in ihrer
neuen Herberge auf Zeit um: „Ganz schön aufregend ist das hier, aber auch superschön“,
freut sich Karin Dickjürgens.
Info: Bauarbeiten am Mühlenweg
•
Nach dem Umbau gibt es 46 stationäre Wohnplätze und zwei Kurzzeitbetreuungsplätze
in einem barrierefreien Ensemble aus den Häusern St. Hildegard und Liborius
sowie der neuen Tagesstruktur für Senioren
• die Einzelzimmerquote beträgt 100 Prozent
• Mischung aus Einzel- und Tandembäder, wodurch auch Paarwohnen ermöglicht wird
• Investiert werden 3 Millionen Euro – finanziert aus Eigenmitteln, Kapitalmarktdarlehen
und öffentlichen Krediten, also ohne Zuschüsse – in die Sanierung des
Mühlenweg-Ensembles.
• Die Sanierung ist günstiger als ein Neubau und bewahrt die in drei Jahrzenten
gewachsene Nachbarschaft