Applaus für die Nein-Sager:
Die Puppenspieler von der
Caritas-Behindertenhilfe Werner Kiehl, Anne Klaholz, Steffen Kuske, Daniela
Richter und Jens Schneider (v. l.) haben gemeinsam mit den Beschäftigten der
St. Martin-Werkstatt trainiert, Grenzen zu stecken.
FOTO: CVB / WAMERS
Brilon.
Eigentlich will Lisa auf der Busfahrt zur Werkstatt
lieber allein sein. Aber der Lars hat sich einfach ungefragt neben sie gesetzt.
Das passt Lisa eigentlich nicht, ebenso wenig, dass Lars so dicht aufrückt und
auch noch seine Hände nach ihr ausstreckt. Eigentlich will sie Nein sagen –
schafft es aber nicht. „Und deshalb üben wir das Nein sagen jetzt gemeinsam“,
animiert Werner Kiehl, Hausleiter im St. Hildegardhaus, das Publikum beim
ersten Auftritt der Puppenspieler-AG in der Caritas-Werkstatt St. Martin.
Um ein selbstbewusstes „Nein, so nicht“ über die Lippen zu bringen, wenn die
eigenen Grenzen überschritten werden, braucht es Mut und das Wissen, das es
Hilfe gibt. Diese Kernbotschaften bringen jetzt Mitarbeiter aus der Werkstatt
und den Wohnhäusern der Behindertenhilfe für die Beschäftigten und Bewohner
ganz spielerisch auf den Punkt – und zwar mit Stabpuppen.
In kurzen Sequenzen werden gleichwohl schöne Geschichten, etwa übers Kennenlernen
und sich verlieben, wie weniger schöne, wie die eingangs beschriebene körperliche
Belästigung, aufgespielt. „Die Bewohner und Beschäftigten bewegen die gleichen
Themen wie alle Menschen“, betont Werner Kiehl: Liebe und Leid gehören genauso
dazu, wie dass man seine Grenzen klar absteckt. Nur braucht es mitunter andere
Wege und Kanäle, um diese Themen anzusprechen. Und da kommen die Puppen ins
buchstäbliche Spiel. Im Rahmen der Sexualpädagogischen Arbeitsgruppe, die
Aufklärung- und Präventionsarbeit in den Einrichtungen der Behindertenhilfe
intensiviert, haben zehn Mitarbeiter an der Fortbildung „Puppenspiele als
Präventionsmaßnahme“ teilgenommen. In kurzen und eingängigen Theaterszenen
werden Begebenheiten, die so ähnlich im Alltag passieren könnten, inszeniert:
der Flirt am Getränkeautomaten während der Werkstatt-Pause, das erste aufregende
Date in der Eisdiele, aber eben auch das anstrengende Gespräch mit dem Sozialen
Dienst über die ungewollten Berührungen auf der Busfahrt. „Was ist erlaubt? Was
ist erwünscht? Wo kann ich Hilfe holen? Und wie kann ich deutlich Nein sagen“,
brachte Werner Kiehl vor den Beschäftigten bei der Puppenspiel-Premiere das Wichtigste
auf den Punkt. Fragen, die jeden interessieren werden.
Nach der Premiere in der St. Martin Werkstatt am Mühlenweg wird die
Puppenspieler-Combo mit ihrer „Nein-Sager – so nicht mit mir“-Tour in den
kommenden Monaten an alle sechs St. Martin Werkstatt-Standorten aufspielen.
„Darüber hinaus führen wir ein Extra-Programm für alle Wohnhäuser auf, um
Situationen aus dem Bereich Freizeit und Wohnen aufzugreifen“, kündigt Werner
Kiehl an.