Lernen in der virtuellen Realität: Martina Voß (Leitungskraft Caritas Werkstätten St. Martin) ließ sich von Ansgar Rahmacher vom „5G Roadshow“-Team zeigen, wie die VR-Brille für die Qualifizierung in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen eingesetzt werden kann. Caritas Brilon / Sandra Wamers
Brilon. Die Caritas Werkstätten St. Martin in Brilon waren jetzt Gastgeber der innovativen "5G Roadshow". Diese Veranstaltung, organisiert von CaPHANDY e.V. und der Gesellschaft für Bildung und Beruf e.V. (GBB), zog knapp 40 Teilnehmende aus Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in Nordrhein-Westfalen und Hessen an. Im Fokus standen digitale Assistenzsysteme und das Metaversum, die in Kombination mit der neuesten 5G-Technologie vorgestellt und erlebbar gemacht wurden. Der Einsatz dieser Systeme soll zukünftig Mitarbeitende mit unterschiedlichsten Handicaps befähigen, ihre Arbeitsplätze in Werkstätten oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu sichern und auszubauen.
Ähnliche Systeme werden auch auf Bohrinseln zum Technik-Support eingesetzt
Die "5G Roadshow" bot den Teilnehmenden die Möglichkeit, neue Formen der digitalen Arbeitsunterstützung live zu erleben und selbst auszuprobieren. Das sah am konkreten Beispiel aus dem Arbeitsalltag so aus: VR-Brille auf, Datenhandschuh an, dann Start der Simulation, welche Arbeitsschritte, Handgriffe und Sicherheitsmaßnahmen für die Speisenzubereitung in einem Konvektomaten im Großkücheneinsatz nötig sind. Eine Roadshow-Station weiter wurde via Datenbrille samt Handschuh-Scanner und Sprachsteuerung die Artikelentnahme aus einem Großlager simuliert - Artikelkontrolle samt Nachbestellung dank Augmented Reality mit inkludiert. "Ähnliche Systeme werden auch auf Bohrinseln zum Technik-Support eingesetzt", erklärte Andreas Schattner von der "5G Roadshow", zugleich Werkstattleiter der Iserlohner Werkstätten der Diakonie Mark-Ruhr. Dort ist seit 2019 ein Thinktank eingerichtet, um die Arbeit in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen auf die Zukunft auszurichten - sowohl mit Blick auf den Fachkräftemangel, aber vor allem mit Fokus auf berufliche Qualifizierung. "Die Systeme dienen nicht der Produktionssteigerung, sondern dienen der Assistenz von Menschen mit Behinderungen", betonte Digital-Experte Andreas Schattner.
Thintank in der WfbM
In der Iserlohner Denkfabrik, wo auch mit Universitäten zu Forschungszwecken kooperiert wird, wurden auch digitalisierte Arbeitsplätze in der Montage entwickelt und bei der "5G Roadshow" in Brilon präsentiert: Via Beamer werden die Arbeitsschritte je nach individuellem Bedarf als Text, Bild, Grafik oder Video direkt auf die Montagefläche projiziert. Durch die sogenannte "Pick by light"-Technik werden durch Lichtpunkte die nächsten Handgriffe angezeigt. Mittels KI-gesteuertem Kameraauge läuft parallel zum Montageprozess die Qualitätskontrolle für jedes Einzelstück mit. Zum Prozessabschluss kommt mittels Gamefication die Belohnung ins Spiel: Bei erfolgreicher Montage werden ein Tischfeuerwerk samt Smiley auf die Arbeitsfläche projiziert. "Ein Friendly Tech Check gehört dazu, um zu wissen, wie dienlich das System ist", sagte Andreas Schattner.
Einarmiger Bandid
Als weiteres System wurde auch der sogenannte "einarmige Bandit" präsentiert: Ein Roboterarm, wie er beispielsweise auch in der Autoindustrie eingesetzt wird. Schlagwort: Mensch-Roboter-Kollaboration. "Dabei kann der Greifarm Schrauben anreichen, wenn der Mensch ein bestimmtes Bewegungsmuster nicht mehr ausführen kann", erklärte Andreas Schattner. Sein Kollege Ansgar Rahmacher führte die Interessierten schließlich ins Metaversum, einer Kombination aus virtueller Realität, erweiterter Realität und dem Internet. "Wir können Orte zur Begegnung und auch zum Lernen im Netz verfügbar machen", erklärte Rahmacher, auch mit Blick auf Erstkontakte zu Werkstätten etwa für Menschen mit Sozialphobie.
Potenziale für die Arbeitswelt der Werkstätten
Digitale Assistenzsysteme und Technologien wie Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR) und Mixed Reality (MR) wurden beim Treffen in Brilon präsentiert, um deren Potenziale für die Arbeitswelt der Werkstätten aufzuzeigen. Andreas Schattner betonte: "Über 5G vernetzte assistive digitale Technologien können einen entscheidenden Beitrag leisten, wenn es darum geht, Anlernprozesse zu verkürzen, Montagefehler zu vermeiden, die selbstständige Arbeitsorganisation zu steigern und die Belastung für die Mitarbeitenden zu reduzieren. Mitarbeitenden in Werkstätten eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten durch die Digitalisierung." Diese Technologien würden Barrieren für die Teilhabe am Arbeitsleben verringern, die Selbstständigkeit und das Selbstwertgefühl der Mitarbeitenden erhöhen und böten neue individuelle Fördermöglichkeiten. Zudem würden sie die Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit der Werkstätten und Inklusionsbetriebe fördern.
"Die 5G Roadshow in den Caritas Werkstätten St. Martin war ein voller Erfolg und zeigte eindrucksvoll, wie digitale Assistenzsysteme und 5G-Technologien die Zukunft der Arbeit in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen gestalten können. Die Teilnehmenden verließen die Veranstaltung inspiriert und gut gerüstet für die digitalen Herausforderungen der Zukunft", resümierte Thomas Münstermann, Fachbereichsleiter Caritas Werkstätten St. Martin und Ausrichter der "5G Roadshow", nach der Auswertung der Veranstaltung.
Info: CaPHANDY - Das Netzwerk für Produktionsverantwortliche
Seit über 30 Jahren ist CaPHANDY das zentrale Netzwerk für partnerschaftlichen Wissens- und Erfahrungsaustausch unter Produktionsverantwortlichen in bundesweit mehr als 45 Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. Auch die St. Martin Werkstätten der Caritas Brilon sind Mitglied.
CaPHANDY bietet:
- Aktuelles Praxiswissen für Fach- und Führungskräfte
- Bundesweite Vernetzung und regionale wirtschaftliche Aktivitäten
- Partnerschaftlichen, persönlichen und praxisnahen Wissens- und Erfahrungstransfer
- Führungskräftetrainings, Workshops und Foren zu innovativen Themen und Projekten